Vespasian. Roms verlorener Sohn by Robert Fabbri

Vespasian. Roms verlorener Sohn by Robert Fabbri

Autor:Robert Fabbri [Fabbri, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644406476
Herausgeber: Rowohlt E-Book


Vespasian erwachte vom Klang der Bucinae. Es war nicht das Signal zum Wecken, sondern der Alarm.

Nur mit seiner Tunika bekleidet, sprang er von der niedrigen Pritsche auf. Gleich darauf kam Hormus in den Schlafbereich gestürzt. Vespasian begann, seinen Rücken- und Brustpanzer anzulegen, während sein Sklave sich um den Gürtel und die Sandalen kümmerte. Mit der Schärpe, die seinen Rang kenntlich machte, um die Taille und dem Wehrgehänge mit dem Schwert über der Schulter eilte Vespasian aus dem Zelt, noch während er den Kinnriemen seines Helms fest verknotete. Draußen erwartete ihn Magnus, der zum Frühstück eine Schale kalten Eintopf aus Schweinefleisch und Kichererbsen aß und unbesorgt schien.

«Was ist los?», fragte Vespasian und lief bereits weiter in die Nacht hinaus.

«Keine Ahnung. Schreckhafte Wachen?»

Für einen unkundigen Betrachter hätte das römische Lager völlig chaotisch gewirkt, doch als Vespasian sich im Fackelschein zwischen den Zeltreihen umschaute, sah er nichts weiter, als dass die fünf Auxiliarkohorten geordnet antraten. Fast viertausend Soldaten liefen auf ihre Positionen, nachdem sie sich eilends angekleidet hatten. Noch immer wiederholten Bucinae unnötigerweise das Alarmsignal, während Centurionen und Optiones ihre Männer anbrüllten, damit diese sich hinter ihren Standartenträgern versammelten. Sklaven eilten umher und entzündeten noch mehr Fackeln, und bald war das gesamte Gelände von einer halben Meile im Quadrat innerhalb einer hölzernen Palisade von ihrem flackernden Schein hell erleuchtet.

Als Vespasian und Magnus beim Praetorium eintrafen, dem Kommandoposten in der Mitte des Lagers, sahen sie bereits die meisten Centurien der zwei Kohorten, die entlang der Via Praetoria Aufstellung nahmen, vollzählig versammelt. Nur ein paar Nachzügler wurden noch von den Rebenstäben ihrer Centurionen auf ihre Plätze getrieben. Ob die armenischen und iberischen Truppen in ihrem Lager gleich östlich von dem der Römer ebenso bereit waren, wusste Vespasian nicht. Er hoffte es für sie, denn Rhadamistos hatte es nicht für nötig befunden, ein befestigtes Lager zu errichten. Er fand, der König von Armenien brauche sich vor niemandem zu verschanzen.

In dem Moment, in dem Vespasian das Praetorium betreten wollte, ertönte über das Brüllen der Offiziere und die gellenden Hornsignale ein noch schrillerer Laut – ein Laut, den Vespasian sofort erkannte, und nun wusste er sicher, dass Hormus ihm ganz und gar treu war.

«Versucht erst gar nicht, es abzustreiten, Ihr Verräter! Ihr Abtrünnigen! Fahnenflüchtige! Feiglinge! Ihr seid Eures Kommandos enthoben. Wachen, ergreift sie und bringt mir Titus Flavius Vespasianus in Ketten!», schrie Paelignus atemlos, und seine Glubschaugen traten noch stärker hervor als sonst. Er starrte der Reihe nach jeden seiner Auxiliarpräfekten an. Vespasian trat ins Zelt, während Magnus draußen wartete. Die Wachen machten keine Anstalten, Paelignus’ gekreischten Befehl auszuführen.

«Wie ich hörte, wünscht Ihr mich zu sprechen, Prokurator», sagte Vespasian, als hätte Paelignus eine überaus höfliche Einladung ausgesprochen.

Paelignus funkelte Vespasian mit seinen hervorquellenden Augen an, seine Brust hob und senkte sich angestrengt, und die Zunge hing ihm aus dem Mund wie einem Hund. «Ergreift ihn!», brachte er nach ein paar keuchenden Atemzügen endlich heraus – offenbar hatte die Wut ihm die Kehle zugeschnürt. Mit zitterndem, krummem Finger zeigte er auf Vespasian, damit die Wachen nur ja verstanden, wer der Missetäter war, den es festzunehmen galt.



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